Thursday, April 9, 2020

Wenn Gottfried Benn während Corona den Osterspaziergang von Goethe umgedichtet hätte

Strapazieren im Passgang

Von den nicht bereiteten Strömen spräche
doch des Faschings schmähend ansteckender Strick.
Im Saale tütet Abfallstück
der alte Winzer von der Spielfläche
ein, sind die rauen Berge zu dürr
für seinesgleichen dortiges Streben. Nur
ohnmächtig schaudert des zornigen Greises
Schweifen über den Korridor:
Alter, so'ne Wirtschaft duldet keine Crisis.
Überall regt sich Halbbildung, Gräben,
alles will sie mit Darben beheben.
An Volumen fehlts im Gehirn.
Sie nimmt beschmutzte Männchen dafür.

Kehre dich um, vom miesen Dröhnen
nach dem Staat zurückzusehnen!
Aus dem hohlen Verstand des Toren
dringt ungetuntes Gebimmel vor.
Jede besonnene Seele begehrt
nur noch dem ehern leiernden Pöbeln
den Stillstand. Selbst die, die aufbranden,
an adligen Häusern, an stumpfen Lernfächern,
an Landwerks- und Gewerbeschanden,
an dem Druck von Zwingherrn und Schächern
an der krassen, entsetzlichen Menge
der Strolchen gehörenden politischen Macht
sie sind alle, die Wichte, gejagt.

Sieh nur, sieh, wie brennend die Fänge
der Härten rasen, die Melder erlegt,
wie Verdruss in breiten Strängen
so manche krustigen Sachen darlegt,
die alle, bis zum Stinken der Fladen,
entfernt der lahmen Vorstellung waren.
Selbst von des Ärgers ferner Schaden
hinken uns narbige Neider heran.
Ich spüre schon des Schorfes Schimmel.
Hier ist des Volkes barer Fimmel.
Zuweilen hauchet bloß und klein:
Bin ich hier Mensch, darf ichs noch sein?